Weidegenossenschaft Burggen 1904 - 2014

Die „Alm“ oder auch „Litzau“ genannt,
 mit Blick auf den Lech
 aus der Sicht des Malers Pater Körner (vor 1950)

Am 25. März 1904  wurde die Zucht- und Weidegenossenschaft Burggen beim Amtsgericht Schongau und Landgericht Kempten als Genossenschaft eingetragen.

Im Jahr zuvor 1903 hatten sich 22 Bauern zur Gründung einer Zucht- und Weidegenossenschaft in Burggen getroffen.

Die Gründungsmitglieder waren:

      Name                            alte Hausnummer:

1    Ammersinn Konrad        18
2    Arnold Josef                   27
3    Dopfer Josef                   57
4    Erhart Xaver                 116
5    Erhart Josef                    59 ½
6    Eiband Xaver               106
7    Faller Simpert                65
8    Gebler Jos.Anton           81
9    Gast Jos.Anton             14
10    Kaufmann Xaver         21
11    Kiechle Anton             23 ½
12    Kögel Ludwig             109
13    Lang Marianus           115
14    Möst Eligius                103
15    Speiser Martin             50
16    Sprenzel Michael         12
17    Strele Neres                  6
18    Schleich Roman           24
19    Völk Engelbert            33
20    Weber Josef               134
21    Wetzler Josef               23
22    Waldmann Engelbert   13


Es wurden die in der Litzau stehenden Anwesen Haus Nr. 136 von Theresia Herz für 7.000 Mark, und Haus Nr. 138 von Georg Klöck für 6500 Mark gekauft. Außerdem brachten einige Mitglieder ihre eigenen in diesem Bereich gelegenen Grundstücke in die Genossenschaft mit ein.

Wie in einem Gemeinde-Visitationsbericht des Bezirksamtes Schongau vom 9.Oktober 1903 ist zu lesen:
„…Die Zuchtgenossenschaft Burggen hat eine Jungviehweide errichtet,
 2 Anwesen gekauft und vom Verband 3000 M. Zuschuß erhalten. …“

Und in einem weiteren Visitationsbericht aus dem Jahre 1904
„… Auch in der Viehzucht ist durch den Ankauf der Jungviehweide am Lech ein tüchtiger Schritt vorwärts gemacht worden. Wenn die richtigen Interessenten an der Leitung der Zuchtgenossenschaft bleiben, so kann diese Einrichtung der Gemeinde noch viel Gutes bringen….“

Der damalige Bürgermeister Völk antwortete darauf
…Die Bestrebungen der Zuchtgenossenschaft und die Hebung der Viehzucht in der Gemeinde wird nach Kräften unterstützt werden vom Bürgermeister. …“


Ab 25.März 1928 gründete sich eine Zuchtgenossenschaft und trennte sich damit von der Weidegenossenschaft !

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf die Weidegenossenschaft, deren Protokolle nur noch ab 1936 vorliegen.
Nach Aufzeichnungen der jeweiligen Kassierer betrug die Anzahl aufgetriebenen Jungrinder zwischen 45 und 55 Stück. Zeitweise waren auch Jungpferde auf der Weide.
Für die Bezahlung des Weidegeldes erfolgte die Einteilung der Rinder in
3 Klassen (Größe/Alter) und wurde unterschieden nach Mitgliedern und Nichtmitgliedern.
(Seit etwa 10 Jahren begrenzt man die Zahl der Weidetiere auf ca. 20 Stück wegen der Nutzung eines staatlich geförderten Programmes, bei dem auf eine zusätzliche Weidedüngung mittels Kunstdünger verzichtet wird.)

Nach dem vorliegenden Vertrag vom 14.Mai 1936 wurde dem Hirten
Ammersinn, Xaver für die Weideperiode ein Tageslohn von 3,00 Mark vereinbart und als Nebenzulage 50 Pfennig pro Stück Vieh, welches er zum Stier zum Decken ins Dorf führen musste. Beim Viehabtrieb erhielt er für jedes Stück Vieh 1 Mark Trinkgeld und Stallgeld (vom Besitzer des Rindes).
Eine Milchkuh wurde von der Weidegenossenschaft zur Verfügung gestellt,
die der Anforderung von 5 Litern Milchleistung pro Tag entsprechen musste. Die Kranken- und Invalidenversicherung während der Weidezeit übernahm die Genossenschaft. Im Vertrag angemerkt war noch, dass nach Ende der Weidezeit ein evtl. vorhandener Brennholzvorrat nicht abgeführt werden durfte!

Im sog. Dritten Reich kam wohl die Anordnung zur Auflösung der Weidegenossenschaft. Im Beschluss vom 28.11.1940 der Genossenschaft wurde erstmals eine Auflösung derselben beschlossen. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen kam es in der Folgezeit laut Protokollbuch zu weiteren
Auflösungsbeschlüssen.
Der letzte Protokolleintrag der Weidegenossenschaft ist datiert vom 08.03.1942.

In einer Liste der Genossen findet sich das Datum 21.01.1943 als Löschungstag.
Nach mündlichen Überlieferungen führte die Mitgliedergemeinschaft aber die Weidewirtschaft weiter wie zuvor.

Die offizielle Wiedergründung der Weidegenossenschaft Burggen erfolgte am 27.12.1960 mit insgesamt 14 Mitgliedern.

Vorstände der Zucht- und Weidegenossenschaft Burggen
bzw. ab 1928 der Weidegenossenschaft:

1904    -  1934  Michael Sprenzel  
1934    -  1938  Ludwig Hölzle   
1938    -  1955  Roman Schleich
1955    -  1972  Klement Ehlich
1972    -  2002  Karl Joos
2002        bis jetzt  Hermann Kleber

Die Anwesen, die 1904 zur Gründung der Genossenschaft angekauft wurden:

•    Haus Nr. 136, „Litzaumann“ genannt, befand sich auf der Wiese oberhalb der Mündung des Steinbaches in den Lech. Es wurde 1906 abgerissen.
Die Reste der Grundmauern sind dort besonders im Frühjahr heute noch gut zu sehen. Zum Hof gehörten 22,85 Tagwerk Grund.

•    Haus Nr. 138, die „Alm“ oder „Litzau“ genannt, stand bei der jetzigen Viehtränke. Zu diesem Anwesen gehörten 18,55 Hektar Grund.
Im Wohnhaus lebte der Hirt während der Weidezeit.

Nachdem das gemauerte Wohnhaus abgebrochen war, wurde oben in der ehemaligen Tenne eine Wohnung für den Hirten eingerichtet.

Nach einem Beschluss von 1972 wurden die noch vorhandenen Gebäude vollständig abgebrochen.

Der Brunnen

Die Gemeinde Burggen kaufte 1901 von der Stadt Schongau zwei gusseiserne Brunnen  und stellte sie an verschiedenen Plätzen im Dorf auf.
Der Brunnen, der an der Stelle der jetzigen Raiffeisenbank stand, wurde 1925 von der Genossenschaft gekauft und vor dem Haus Nr. 138 „Litzau“ als Viehtränke aufgestellt

Schongau entdeckte ihn 1984 wieder und bat um Überlassung.


Als Ersatz erstellte die Stadt Schongau 1984 am selben Platz einen betonierten Wassertrog.

Der alte Brunnen steht jetzt wieder gut restauriert in Schongau am Schlossplatz beim Landratsamtsgebäude. Einweihung des neuen Brunnen auf dem Schlossplatz in Schongau 1986

Einweihung des neuen Brunnen auf dem Schlossplatz in Schongau 1986

Vor und nach dem II. Weltkrieg waren zeitweise auch Jungpferde auf der Weide.

Ein Ort der Geselligkeit.

Vielen älteren Burggenern ist heute noch der vergnügliche Sonntagsausflug mit Musik und Tanz  in die Litzau in guter Erinnerung.
In der Almhütte wurden Getränke ausgeschenkt. Es befand sich dort eine Bühne, auf der getanzt wurde. Ammersinn, Hans (Schneggler) spielte auf seiner Ziehharmonika und Settele Quirin auf seiner Zither, während die Trachtler plattelten.

Zeittafel:

•    Der erste Hirte im Jahre 1905 soll Josef Kirchbichler gewesen sein.
•     Für die anfallenden Arbeiten bekamen die Mitglieder einen Tageslohn von 2 Mark.
•     Nach mündlicher Überlieferung sollen bei einem Hochwasser 1910/11 oberhalb des „Kessels“ 25 Tagwerk Weidegrund vom Lech weggerissen worden sein.
•    In Erzählungen wurde eine Bilanzsumme von über 100 Billionen Mark für das  Inflationsjahr 1923 genannt
•    Von 1928 bis 1948 war Xaver Ammersinn (Au-Giezl) Hirte in der Litzau. Er war als Original im ganzen Ort bekannt.
•    Am 15.06.1936 wurde von Josef Erhard die Wiese im „Grubach“ für 5 Mark im Jahr gepachtet. Später wurde das Grundstück käuflich erworben.
•    Am 21.01.1943 wurde die Auflösung der Genossenschaft im Dritten Reich angeordnet.
•    Der letzte Hütebub (zur Unterstützung des Hirten) war 1948 Karl Wolf.
•    Die Genossenschaft wurde am 27.12.1960 wieder neu gegründet.
•    Im Jahre 1979 wird wieder eine kleine Hütte errichtet.
•    Der 1925 als Viehtränke aufgestellte gusseiserne Brunnen wurde 1984 der Stadt Schongau überlassen, die als Ersatz einen entsprechenden Betontrog erstellen ließ.
•    Mit der Gemeinde Burggen und der Waldgenossenschaft Burggen wurden 1987 drei neue Brücken über den „Steinbach“ errichtet, um diese Zufahrt weiter zu ermöglichen. Der Anteil für die Genossenschaft betrug  DM  3.883,81.
•    Der langjährige Schriftführer Jakob Ammersinn schied 1988 aus der Genossenschaft aus, da er nach Hohenpeißenberg verzog.
•    Konrad Schleich war 20 Jahre Hirte und gab diese Tätigkeit 1990 ab. Nach mehrjähriger Pause übernahm er wieder diese Aufgabe und erfüllt sie noch heute.
•    2014 hat die Weidegenossenschaft noch 13 Mitglieder.

Arbeitskreis Dorfgeschichte Burggen August 2014


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