Hausnumer 82
Hausname: "Grabenschäffler"
Der Name Grabenschäffler geht auf das Schäfflerhandwerk zurück, das von 1797 bis 1877 auf diesem Anwesen zusätzlich zur Landwirtschaft betrieben wurde. Es ist anzunehmen, dass sich in der Nähe des Hauses ein Graben befand. Der Hausname ist nicht mehr gebräuchlich.
alte Hausnummer: 82
jetzt: St.-Anna-Str. 34
jetziger Besitzer: Beinberger, Karl
1690: Die Pfarrmatrikelbücher erwähnen die Witwe von Anton Kössel von "Berenbeyren", Anna Kössel.
1701: In einer Steuerbeschreibung findet sich folgende Bemerkung:
" ...Antoni Kessels Wittib hat ein Häusl zuvor ein Stadl gewest, samt Wurzgärtle zwischen Ander Wörle und Math. Fröhlich, 2 Kühe. Steuerwert 213 fl..."
1718: Neubau des Hauses durch Martin und Theresia Schuster. Dies kann wiederum von entscheidender Bedeutung bei der Brandkatastrophe 1795 gewesen sein, denn
1795: dieses Anwesen ist beim großen Dorfbrand nicht abgebrannt !
1797: Johann Schuster übernahm die Sölde von seinen Geschwistern und arbeitete hier als Schäffler.
1877: Verkauf des Anwesens von Johann Schuster an Bertha Schorer und deren Vater Johann Schorer. Durch den Verkauf endete eine Schäfflertradition, die über drei Generationen ging.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde in wenigen Ausnahmefällen der Kauf oder die Übergabe eines Anwesens an eine Frau protokolliert. Meist geschah dies bei Erbverträgen von Eltern auf deren Töchter, wenn kein männlicher Erbe vorhanden war. Sobald aber die Hoferbin in den Ehestand eintrat, wechselte der Hof in den Besitz des Ehegatten über! Wenn also hier der Verkauf an Berta Schorer zusammen mit ihrem Vater protokolliert wurde, ist dies ganz und gar ungewöhnlich.
1878: Franz Xaver Beinberger aus Peiting heiratete in das Anwesen ein. Diese Familie ist bis heute auf dem Haus ansässig.
1910: Der Hof ist zur Abgabe von zwei Läutgarben verpflichtet.
1984: Die Landwirtschaft wurde aufgelöst.
Läutgarben sind Getreidegarben (Dinkel und Gerste), die der Mesner für das Läuten der Kirchenglocken - insbesondere für das Wetterläuten - von den Bauern erhielt.
Dem Mesner, oder der mit dem Läuten beauftragten Person (meist war es der Lehrer) standen je Haus ein bis acht Läutgarben jährlich zu. Die Anzahl der Garben richtete sich wohl nach der Größe des jeweiligen landwirtschaftlichen Betriebes und war rechtlich an das Hauseigentum gebunden.
Noch kurz nach dem 1. Weltkrieg 1914/18 fuhr der Mesner mit einem Wagen von Haus zu Haus und sammelte die Garben persönlich ein. Später wurde dann vom Mesner statt der Garben 50 Pfennige je Garbe eingeholt. Der Weg von einem Landwirt zum anderen blieb ihm aber nicht erspart. Für Burggen und Haslach hatte er 317 Garben abzurechnen. In früherer Zeit waren auch die Hauseigentümer von Reisgang, Kienberg und Böllenburg an den Pfarrverband Burggen abgabepflichtig.
Im Juli 1956 wurde das Glockengeläut in der Pfarrkirche von Burggen elektrifiziert. Durch die Automatik läuteten die Glocken mehrmals am Tag selbständig. Die Arbeit des Mesners war damit entfallen. Die Läutgarben wurden 1956 mit dem 25-fachen Wert abgelöst und damit ein Teil der elektrischen Läutanlage finanziert.